Gesellschaftsformen

Lernfeld 1: Das Unternehmen und die eigene Rolle im Betrieb beschreiben

Was ist eine Gesellschaftsform?

Gesellschaftsformen: Die rechtliche Struktur deines Unternehmens

Hast du dich schon einmal gefragt, warum manche Unternehmen "GmbH" oder "AG" im Namen tragen? Die Antwort liegt in der Gesellschaftsform – sie ist das rechtliche Fundament jedes Unternehmens und beeinflusst dessen gesamte Organisation. Stell dir die Gesellschaftsform wie das Regelwerk eines Brettspiels vor: Sie bestimmt die grundlegenden Spielregeln, wie das Unternehmen funktioniert. Aber wer sind die Beteiligten? Bei der Gründung eines Unternehmens evaluieren die Gesellschafter:innen verschiedene Gesellschaftsformen, um die passende Struktur für ihr Geschäftsmodell zu finden. Ein:e Gesellschafter:in ist eine Person oder Organisation, die sich an einem Unternehmen beteiligt – vergleichbar mit einem Teammitglied, das nicht nur mitspielt, sondern auch Verantwortung trägt und am Erfolg teilhat. Die Wahl der Gesellschaftsform legt fest, wie diese Gesellschafter:innen miteinander interagieren, welche Rechte und Pflichten sie haben und wie sie am Unternehmenserfolg beteiligt sind.

Personengesellschaften: Gemeinsam haften, gemeinsam profitieren

Eine Personengesellschaft funktioniert wie ein eng vernetztes Teamprojekt, bei dem alle Beteiligten persönlich engagiert sind und gemeinsam für Erfolg oder Misserfolg einstehen. In Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) oder offenen Handelsgesellschaften (OHG) haften die Beteiligten mit ihrem gesamten Privatvermögen. Das bedeutet, sie stehen nicht nur mit ihrer Arbeitskraft, sondern auch mit ihrem persönlichen Vermögen für das Unternehmen ein. Ein typisches Beispiel ist eine Anwaltskanzlei, in der alle Beteiligten gleichberechtigt Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen. Die persönliche Haftung fördert ein hohes Maß an Vertrauen und Engagement, birgt aber auch höhere persönliche Risiken.

Kapitalgesellschaften: Haftung beschränkt, Kapital gebündelt

Eine Kapitalgesellschaft funktioniert hingegen eher wie ein Kinofilm: Investierende stecken Geld in das Projekt, ihr Risiko ist jedoch auf ihren Einsatz begrenzt. Bei der GmbH sind das mindestens 25.000 €, bei der AG 50.000 €. Ein bekanntes Beispiel ist die Volkswagen AG – hier können Aktienbesitzende Anteile kaufen und sind nur mit ihrem investierten Kapital am Unternehmen beteiligt. Kapitalgesellschaften bieten den Vorteil der Haftungsbeschränkung und ermöglichen es, größere Kapitalmengen zu bündeln. Allerdings sind sie oft mit mehr bürokratischem Aufwand und komplexeren Entscheidungsstrukturen verbunden.

Die strategische Bedeutung der Gesellschaftsform

Die Wahl der Gesellschaftsform ist keine bloße rechtliche Formalität, sondern eine strategische Entscheidung mit weitreichenden Auswirkungen. Sie beeinflusst, wie das Unternehmen finanziert wird, wie flexibel es auf Veränderungen reagieren kann und welche Möglichkeiten für Wachstum und Nachfolge bestehen. Beispielsweise kann eine AG leichter an die Börse gehen und so Kapital für Expansion beschaffen, während eine Personengesellschaft einfacher neue Beteiligte aufnehmen oder die Nachfolge regeln kann.

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Wie wählt man die passende Gesellschaftsform?

Haftung und Risiko: Wer steht im Ernstfall gerade?

Ein entscheidender Faktor bei der Wahl der Gesellschaftsform ist die Haftung. Die Kernfrage lautet: Soll das unternehmerische Risiko auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sein (wie bei Kapitalgesellschaften, z. B. GmbH, AG), oder sind die Beteiligten bereit, auch mit ihrem Privatvermögen für Schulden des Unternehmens zu haften (wie bei Personengesellschaften, z. B. GbR, OHG)?

  • Personengesellschaften: Hier haften die Gesellschafter:innen in der Regel persönlich und unbeschränkt. Das erfordert großes Vertrauen untereinander, ist aber oft mit weniger Gründungsaufwand verbunden. Beispiel: Zwei Freund:innen gründen eine Werbeagentur als GbR. Geht die Agentur insolvent, haften beide auch mit ihrem privaten Haus oder Auto.
  • Kapitalgesellschaften: Die Haftung ist (fast immer) auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt. Das Privatvermögen der Gesellschafter:innen bleibt geschützt. Dies bietet mehr Sicherheit, ist aber oft mit höheren Gründungskosten und Formalitäten verbunden. Beispiel: Gründer:innen einer Softwarefirma wählen die GmbH. Scheitert das Unternehmen, ist nur das Firmenvermögen betroffen, nicht ihr Privatbesitz.

Unternehmensgröße und Kapitalbedarf: Wie viel Startkapital wird gebraucht?

Die geplante Größe des Unternehmens und der Bedarf an Kapital sind ebenfalls wichtig.

  • Für kleinere Vorhaben mit geringem Kapitalbedarf (z. B. ein lokaler Kiosk, eine freiberufliche Tätigkeit) eignen sich oft Einzelunternehmen oder Personengesellschaften (GbR, OHG). Sie sind einfacher zu gründen und zu verwalten.
  • Für größere Unternehmen oder solche mit hohem Kapitalbedarf (z. B. ein Technologie-Startup mit Expansionsplänen, ein Produktionsbetrieb) sind Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) oft die bessere Wahl. Sie erleichtern die Aufnahme von Kapital durch neue Gesellschafter:innen oder Investor:innen, da die Haftung begrenzt ist und Anteile leichter übertragbar sind.

Steuern: Wie werden Gewinne besteuert?

Personengesellschaften (und Einzelunternehmen):

  • Der Gewinn wird direkt den Gesellschafter:innen zugerechnet und unterliegt deren persönlichem Einkommensteuersatz (bis zu 45% plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Hinzu kommt die Gewerbesteuer, wobei Personengesellschaften hier oft von Freibeträgen profitieren.

Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) haben eine zweistufige Besteuerung:

  • Die Gesellschaft selbst zahlt auf ihren Gewinn Körperschaftsteuer (aktuell 15%) und Gewerbesteuer.
  • Werden Gewinne an die Gesellschafter:innen ausgeschüttet, unterliegen diese bei den Empfänger:innen zusätzlich der Kapitalertragsteuer (pauschal 25% plus Soli und ggf. Kirchensteuer) oder dem Teileinkünfteverfahren.

Vereinfachtes Beispiel:

Bei 100.000 € Gewinn vor Steuern zahlt eine GmbH Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer. Der nach Steuern verbleibende Betrag wird bei Ausschüttung erneut besteuert. Bei einer GbR würde der Gewinn direkt bei den Gesellschafter:innen mit deren individuellem Einkommensteuersatz versteuert. Welche Variante günstiger ist, hängt vom Einzelfall ab (Gewinnhöhe, Ausschüttungsquote, persönlicher Steuersatz).

Mitbestimmung und Geschäftsführung: Wer trifft die Entscheidungen?

Auch die Struktur der Unternehmensleitung variiert stark:

  • Personengesellschaften: Oft gilt das Prinzip der Selbstorganschaft, d.h., die Gesellschafter:innen führen das Geschäft selbst und treffen gemeinsam Entscheidungen (z. B. bei einer OHG sind in der Regel alle Gesellschafter:innen zur Geschäftsführung berechtigt).
  • Kapitalgesellschaften: Hier sind die Strukturen formalisierter. Eine GmbH hat eine:n oder mehrere Geschäftsführer:innen (die auch Gesellschafter:innen sein können) und eine Gesellschafterversammlung. Eine AG hat einen Vorstand (Geschäftsführung), einen Aufsichtsrat (Kontrolle) und die Hauptversammlung der Aktionär:innen. Diese Trennung von Eigentum und Leitung ermöglicht es, professionelle Manager:innen einzusetzen, auch wenn diese keine Anteile am Unternehmen halten. Familienunternehmen wählen oft die GmbH, um die Kontrolle in der Familie zu behalten, aber dennoch eine externe Geschäftsführung zu ermöglichen.
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Lernziele

  • die strategische Bedeutung der Gesellschaftsform interpretieren, indem die Auswirkungen der Rechtsformwahl auf Unternehmenswachstum, Finanzierung und Nachfolgeregelung analysiert werden.
  • das Konzept der Gesellschaftsform erklären, indem die rechtlichen, wirtschaftlichen und organisatorischen Aspekte sowie deren Bedeutung für die Unternehmensführung dargestellt werden.
  • die verschiedenen Gesellschaftsformen vergleichen, indem Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften anhand ihrer rechtlichen, steuerlichen und organisatorischen Merkmale gegenübergestellt werden.
  • die Kriterien zur Wahl der Gesellschaftsform umzusetzen, indem für verschiedene Geschäftsmodelle und Unternehmensgrößen die jeweils geeignete Rechtsform begründet ausgewählt wird.
  • die Entscheidungsfaktoren bei der Wahl der Gesellschaftsform differenzieren, indem Kriterien wie Haftung, Kapitalbedarf, Steuern, Mitbestimmung und Geschäftsführung systematisch analysiert und gewichtet werden.
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